Die „Preußen Auktion“ des Auktionshauses Lempertz brilliert vor allem mit Porzellanen der friderizianischen Epoche
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20.04.2023
Eines der kunsthistorisch interessantesten Lose der Auktion ist ein wohlproportioniertes Paar klassizistischer Flussglasvasen auf dreipassigem Alabastersockel, das aus einer belgischen Privatsammlung stammt. Die schlanken, amphorenförmigen Objekte haben Henkel, die aus je zwei ineinander verschlungenen Schlangen mit feiner, punzierter Oberfläche gebildet werden. Die Vasen sind der Berliner „Bronze und Kunstsachen Fabrik“ Werner & Mieth zugeschrieben, die diese eleganten und qualitätvollen Schaustücke wohl ab 1794 zunächst für den preußischen Hof und schließlich für eine wohlhabende europäische Käuferschaft fertigte. Mit 4000 Euro sind die beiden Objekte, die nur selten auf dem Kunstmarkt auftauchen, zurückhaltend taxiert – die Aufmerksamkeit der Bieterschaft dürfte ihnen gewiss sein.
Im Bereich der Silberarbeiten finden sich zahlreiche Tafelgeräte aus der Werkstatt von Johann George Hossauer. Ein formschöner Krater als Weinkühler, geschaffen nach dem Vorbild des berühmten Medici-Kraters, kommt bei 6000 Euro zum Aufruf. Ein Leuchterpaar Hossauers in zurückhaltenden neubarocken Formen, das auf dem Schaft die gravierte Initiale „M“ unter der preußischen Königskrone zeigt, wird im Katalog für Prinzessin Marie von Preußen in Anspruch genommen, die 1842 den späteren König Maximilian II. heiratete (Taxe 2000 Euro). Ein identisches Modell befindet sich im preußischen Hofsilber. Ein beeindruckendes Rechaud mit Wärmeglocke aus der Werkstatt von Sy & Wagner, versehen mit dem Allianzwappen für Prinz Friedrich (III.) Wilhelm von Preußen und Prinzessin Victoria, kommt bei 12.000 Euro zu Aufruf. Ein Dutzend silberner Teelöffel mit markanten spitzovalen Laffen und den ligierten Monogrammen Friedrich Wilhelms IV, das aus rheinischem Privatbesitz eingeliefert wurde, ist auf 1000 Euro taxiert. Geschaffen wurde der Satz von Wilhelm Goldbeck, der in Berlin und Potsdam als Goldschmied tätig war. Schließlich kann man bei stolzen 600 Euro auch noch zwei Austerngabeln aus einem Besteck Friedrich Wilhelms IV. ersteigern, gefertigt nach 1840 von Humbert & Sohn.
Gleich mit vier Ölgemälden ist der Maler Christian Bernhard Rode in der Offerte vertreten. Drei Bilder, die sich in einer schwedischen Sammlung befunden haben, stammen aus dem 14-teiligen Zyklus „Brandenburgiana“, den Prinz August Wilhelm von Preußen – der jüngere Bruder Friedrichs II. – im Jahr 1757 in Auftrag gab. Zum Aufruf kommen „Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg liefert den gefangenen Gegenkönig Friedrich den Schönen dem späteren Kaiser Ludwig dem Bayer aus“ (Taxe 20.000 Euro), „Joachim I. wird Kurfürst von Brandenburg“ (Taxe 10.000 Euro) und schließlich „Die Salbung König Friedrichs I. in Preußen am 18. Januar 1701 in der Schlosskirche zu Königsberg“ (Taxe 30.000 Euro). „Für die Geschichte der patriotischen Historienmalerei in Preußen“, so der große Kenner der preußischen Malerei Helmut Börsch-Supan, „besitzt der Zyklus eine herausragende Bedeutung.“ Das vierte angebotene Gemälde von Rode zeigt die „Vertreibung aus dem Paradies“. Es ist unsigniert, stammt aus „Deutschem Adelsbesitz“ und wird bei 4000 Euro versteigert. Das Gemälde kam am 30. November 2001 als Los 1790 in der Grisebach-Sonderauktion „Preußen zum 300. Thronjubiläum“ zum Aufruf und blieb damals bei einer Taxierung von 2000 D-Mark unverkauft.
Franz Xaver Winterhalter stellt seine künstlerische Meisterschaft als Porträtmaler mit dem einfühlsamen Bildnis des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem späteren Kaiser Friedrich III., unter Beweis. Sein Aquarell über Kreide von 1854 ist signiert und geht bei 3000 Euro an den Start. Mit denselben Erwartungen kommt das Gegenstück zum Aufruf, in dem der Maler den Vater des Prinzen, den späteren Kaiser und König Wilhelm I., verewigt hat.
Wie schon im letzten Jahr geht am selben Tag auch noch die kleine Auktion „Berlin Salon“ bei Lempertz über die Bühne, in der (Sitz-)Möbel von 1900 bis in die Dreißigerjahre aufgerufen werden.