Nicht nur die Documenta erwartet uns im Juni. Wir zeigen Ausstellungen, die eine Reise wert sind – von Raffael in London über Christian Schad in Aschaffenburg bis Barbara Kruger in Berlin
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31.05.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 199
Mak, Wien, bis 7. August
Als Humanist im Herzen hatte der Renaissance-Landesfürst Ferdinand II. von Tirol natürlich eine Wunderkammer. Und weil das europäische Porzellan noch nicht erfunden war, füllte er Schloss Ambras mit dem Kunsthandwerk, das als Mode der Stunde galt – italienische Majolika. Einige Stücke aus Ferdinands Besitz werden heute im Museum für angewandte Kunst in Wien bewahrt, neben vielen weiteren Majoliken des 15. bis 18. Jahrhunderts. Die Sammlungspräsentation zeigt eine enorme Vielfalt, von reich bemalten Tellern und Becken bis zu schlichteren Dekors wie bei dem Apothekergefäß mit zwei Henkeln, geschaffen um 1431 in der florentinischen Werkstatt von Giunta di Turigo.
Christian Schad Museum, Aschaffenburg, ab 3. Juni
Er war der Maler, der in den 1920er-Jahren den Slogan der Neuen Sachlichkeit wohl am buchstäblichsten auf Papier und Leinwand brachte. Und doch beweist ein Werk wie „Liebende Knaben“ (1928), das mühelos Referenzbögen von der antiken Lyrik bis zu unserer genderfluiden Gegenwart schlägt, bei aller Nüchternheit der Schilderung auch ein hohes Maß an künstlerischer Empfindsamkeit. Das brandneue Museum des Malers in Aschaffenburg zeigt bei seiner Auftaktausstellung Auszüge der insgesamt rund 3200 Werke des Nachlasses – darunter typische Frauenporträts wie die „Mexikanerin“ von 1930, aber auch das kürzlich erworbene, nachdenkliche Hauptwerk „Hochwald“, das der Künstler 1936 während des Nationalsozialismus schuf.
Petit Palais, Paris, bis 24. Juli
Salonmalerei ist nicht jedermanns Sache. Aber wer sich für die kleinen Dramen im plüschigen Ambiente begeistern kann, wird von Giovanni Boldini wahrlich gut bedient. Ob sich Damen bei einer verschwörerischen „Conversation au café“ (1879) treffen oder die High Society bei einer „Scène de fête au Moulin Rouge“ (um 1889) rauschhafte Vergnügungen erlebt – stets scheinen unter den feinen Gewändern feurige Herzen zu pochen. Was wohl dazu beitrug, den 1842 im italienischen Ferrara geborenen Maler zum gefragten Porträtisten des Pariser Fin de Siècle zu machen: Seine Bilder sind einfach zum Schmachten schön.