Die Liebe zum Kranich brachte Bettina Klein nach Vorpommern. Ihr zauberhafter Mix aus Kunstmuseum und Hotel steht im Zeichen des Glücksboten
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25.05.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 197
Anfangs, sagt Bettina Klein, wäre auf jeden Fall eine Modernisierung herausgekommen, an die Vergangenheit hätte mehr oder weniger nur die Fassade erinnert. Lediglich das Museum hatte sie immer fest eingeplant. Eines mit alter japanischer Kunst, die deutlich machen sollte, wie tief der Kranich in der asiatischen Kultur wurzelt. Dort gilt er als Symbol für ein langes, glückliches Leben, während die echten Vögel auf ihrer Durchreise in der Umgebung von Hessenburg die für sie essenziellen Feuchtgebiete finden.
Nach der – in der denkmalgeschützten Substanz besonders aufwendigen – Entkernung dachte Klein dann über ihre neue Situation nach. Wie sich das Haus langsam mit vielen Ideen und einem immer mal wieder schmalen Etat entwickeln ließe. Irgendwann stand, gemeinsam mit ihrem in Berlin lebenden Sohn Clemens, der amerikanische Performance-Künstler und Architekt Alex Schweder vor der Tür. „Eine vollkommen exotische Gestalt kam zum Sonntagsbüfett“, erinnert sie sich. Er habe in dem ruinösen Haus gestanden, in dem noch Kamine frei von der Decke hingen. „Ein absoluter Zwischenzustand.“ Dennoch habe Schweder nur gemeint: „Leave it as it is!“
Alles so lassen? „Oh Gott, wieder so ein Künstler“, war Kleins erste Reaktion. Doch der sei geradezu elektrisiert von der Idee gewesen, das Prozesshafte des Gebäudes sichtbar zu machen. „Dann hat er gemerkt, dass ich mitgehe.“ Was auch daran lag, dass der Hausherrin Schweders Installationen und sogenannten Inflatables, mit Luft gefüllte Skulpturen, extrem gut gefielen.
Im Kranich Museum begegnet man seiner Arbeit „Slowly Ceiling“. Sie belegt einen ganzen Raum, war 2013 auf der Architektur-Triennale in Lissabon ausgestellt, und tut so, als stünden zwei identische Sofas in einiger Distanz auf einem schwarzen Teppich. Darunter aber wirkt ein Mechanismus, der die Möbel langsam zusammenbringt: Der Teppich bläht sich auf, bewegt die Sofas und lässt sie kippen, bis ihre Rückseiten zum gemeinsamen Bett werden. Daneben finden sich Werke von Tamara Friebel, Andy Graydon oder vom Duo Hadley + Maxwell. Regelmäßig machen sich Künstlerinnen und Künstler – aktuell die Klangexpertin, Musikkuratorin und DJane Mieko Suzuki – von Berlin aus nach Gut Hessenburg auf, um in einem der beiden Ateliers über ihr Verhältnis zum Kranich nachzudenken.
„Schiefergrau“ heißt die Bodenzeichnung, die Nicole Schuck 2013 während ihres Stipendiums für die Museumshalle entwickelt hat. Dafür überlagerte sie das monumentale Motiv eines Kranichs mit dem Wegenetz von Hessenburg. Dessen Historie wird in den historischen Karten, Dokumenten und Fotoalben der Familie von Hesse wach, die Bettina Klein im Gutshaus aufbewahrt. Und je mehr sie sich mit der Vergangenheit vor Ort beschäftigt, desto klarer manifestieren sich ihre Visionen für die Zukunft. So installieren im Park aktuell Ana Filipović und Philipp Mecke einen Sound-Irrgarten. Die Japanerin Ryoko Hori kreiert einen Duft für den Gutshof, dessen architektonisches Ensemble sukzessive revitalisiert wird. Und mit den jüngst erworbenen Grundstücken, die ehemals zum Gut gehörten, hat sich Bettina Klein als Außenstandort für die BUGA Rostock 2025 beworben. Ihr Plan: Sie wird sie der Natur ein Stück weit zurückgeben.