450 Jahre Elias Holl

Die Spur der Steine

Das Augsburger Maximilianmuseum würdigt den großen Stadtwerkmeister Elias Holl in einer Ausstellung. Seine Bauwerke prägen noch heute das Antlitz der Stadt

Von Gloria Ehret
29.06.2023

Aus der Vielzahl ganz unterschiedlicher kunsthandwerklicher Augsburger Kostbarkeiten seien eine Monstranzuhr von Martin Zoller um 1600 und die Tafel mit dem farbig gefassten Wachsrelief einer „Allegorie der Vergänglichkeit mit Selbstporträt“ des Wachsbossierers Daniel Neuberger d.J. von 1654 herausgegriffen. Holl berichtet in seiner Hauschronik über den Künstler und Ehemann seiner Tochter Sabina, der in Wien zum Hofbildhauer aufstieg. Ein weiteres Highlight der großartigen Augsburger Kunstproduktion jener Jahre ist Georg Petels Elfenbeinhumpen mit Bacchanal, Herkules und dem Tod nach Rubens Bildmotiven. Traurige Zeitzeugen sind hingegen eine „Auflistung aller aus den städtischen Diensten und Stiftungen entlassenen ev. Augsburger Bürger“ von 1630, zu denen auch Elias Holl zählte, oder das handschriftliche „Diarium die schwedische Occupation der Stadt Augsburg betr(effend) 1632“, des bedeutenden Kunstagenten Philipp Hainhofer.

Aus der berühmten Modell-Sammlung im Maximilianmuseum sind jene zusammengestellt, die einen haptischen Eindruck der Bautätigkeit und Ingenieurkunst Holls vermitteln. Die beiden Loggia-Modelle von 1607 und 1609 verkörpern reinste Italianità. Ob sie von Elias Holl, Johann Mattias Kager oder Joseph Heintz d.Ä. stammen, ob für die Neugestaltung des Perlach-Platzes oder als preziöse Schaustücke gedacht waren, ist nicht entschieden.

Elias Holl Rathausmodell
Elias Holls zweites Mittelgiebelmodell zum neuen Rathaus. © KMA, Maximilianmuseum; Foto: Roman Tarasenko

Praktische Ingenieurskunst führt hingegen Elias Holls Modell des Baugerüsts für den Perlachturm 1614/15 vor Augen. Mit dem realen Gerüst wurde die 45 Zentner schwere Rathausglocke hinaufgezogen. Pläne, Risse, Gebäude- und Detailmodelle wie jenes eines Obelisken für die Rathausaltane gingen dem Rathausbau voran. Die originale, im Zweiten Weltkrieg zerstörte und erst in den 1980er-Jahren wieder rekonstruierte Innenausstattung wurde in zauberhaften, teils farbig angelegten Entwurfszeichnungen aus den 1620er-Jahren von Peter Candid, Johann Matthias Kager, Johann König und Matthäus Gundelach geplant.

Alter Überlieferung nach stammt der vergoldete Degen mit der Devise „FIDE, SED CUI, VIDE“ aus dem Besitz von Elias Holl – enthält die Lederscheide doch eine Beischeide für ein Beimesser mit zwölfteiliger Maßeinteilung, Pfriem und Bohrer. Auch der Proportionszirkel des Georg Zorn von 1614, ein Analogrecheninstrument, als dessen Erfinder Galileo Galilei gilt, dürfte Holl gehört haben. Damit stand dem Stadtwerkmeister für seine Kalkulationen des Rathauses brandneue Technik zur Verfügung. Das Rathaus ist in wesentlichen Teilen rekonstruiert.

Elias Holl Proportionszirkel
Auch Elias Holls Proportionszirkel ist in der Ausstellung vertreten. © Foto: Lenz Mayer

Bei einem Stadtbummel lassen sich weitere von Holl errichtete Bauwerke bewundern: neben den Hauptwerken Perlachturm, Rathaus und Zeughaus beispielsweise auch die 1607/09 am nach ihr benannten Platz gebaute Stadtmetzg, das Reichsstädtische Kaufhaus von 1611 in der Maximilianstraße, der Neue Bau von 1614 direkt am Rathausplatz oder das Gymnasium bei St. Anna aus den Jahren 1613–1616. Wohnhausbauten von Holl finden sich in der Philippine-Welser-Str. 26 oder der Maximilianstraße 39 und 79. Das durch den Stadtwerkmeister erhöhte mittelalterliche Wertachbruckertor oder der zwischen 1604 und 1609 von ihm erbaute untere St.-Jakobs-Wasserturm markieren den Altstadt-Rand.

Die vier Kilo schwere Publikation zu Ausstellung enthält neben dem Katalogteil eine Reihe wissenschaftlicher Fachbeiträge, darunter einen amüsant zu lesenden, recht persönlichen Beitrag von Bernd Roeck dem gebürtigen Augsburger, Verfasser eine Holl-Biografie und Geschichtsprofessor an der ETH Zürich.

Service

Ausstellung

„Elias Holl. Meister Werk Stadt“,

bis 17. September,

Maximilianmuseum, Augsburg

Der Katalog ist beim Michael Imhof Verlag, Petersberg, erschienen.

 

 

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