Seit zwanzig Jahren ist die Galerie Géraldine Banier im Pariser Viertel Saint Germain des Prés beheimatet – und gilt mit ihrem wohnlichen Stil noch immer als Geheimtipp
ShareAls Baniers ältester Sohn geboren wurde, wuchs der Wunsch in ihr, ihre Energie und Leidenschaft in ein persönliches Projekt zu investieren, das sie eines Tages an ihre Kinder weitergeben konnte. Aus der Vision eines Ortes des Austauschs, an dem sich zeitgenössische Kunst und Innenarchitektur vermischen, entstand das Konzept ihrer Kunstgalerie. „Ich spürte, dass es für mich an der Zeit war, mich niederzulassen und einen Ort zu kreieren, an dem ich meine Erfahrungen mit Dekoration, meine Lieblingsgegenstände und meine Liebe zur Kunst teilen konnte“, sagt die 51-Jährige. Im Januar 2002 wurde die Galerie Géraldine Banier eröffnet. Ihre erste Auswahl umfasste Bronzeskulpturen und Installationen wie die der Künstlerinnen Laurence Le Constant, Manuèle Bernardi, Yanne Kintgen und Sylvie Mangaud. Später kam Malerei und Fotografie hinzu – und ihre Erkundung der zeitgenössischen Kunst hält an. „Ich bin mit alten Stilen aufgewachsen, fühle mich aber von Neuem sehr angezogen“, so Banier. Aktuell vertritt sie rund dreißig Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt.
Für Galeristinnen und Galeristen sei es wichtig, sich immer wieder überraschen zu lassen und sich eine kindliche Seele zu bewahren, so Banier. Passend dazu trug die vergangene Ausstellung, die von November bis Mitte Januar stattfand, den Titel „Une âme d’enfant“. Die Gruppenausstellung mit Claudia Ebbing, Frédéric Garnier, Anna Dorothea Klug, Carlos Tardez und Sylvie Mangaud präsentierte den Besuchenden traumverlorene Gemälde und verspielte Darstellungen von Tieren. Sie fand im Rahmen des Projekts „Bizarro“ statt, das seit 2012 jährlich die Straßen von Saint Germain des Prés in einen Ausstellungsparcours verwandelt. Mit dabei sind jedes Jahr als fester Bestandteil die Galerie Géraldine Banier und die Buchhandlung Alain Brieux, dazu jährlich wechselnde Galerien, Buchläden, Antiquitätenhändler, Hotels, Bars und Restaurants.
Das Programm der Galerie besteht aus sechs bis sieben Gruppen- und Einzelausstellungen pro Jahr. Seit dem 20. Januar zeigt die Soloschau „Fausse abstraction“ Gemälde des spanischen Künstlers Lino Lago. Seine Serie „Fake Abstract“, die titelgebend für die Ausstellung ist, erforscht die Geschichte der Malerei von der figurativen Porträtmalerei bis zum Minimalismus: Chromatische Leinwände lassen Porträts alter Meister erahnen, die durch scheinbar dickes, gestisches Zeichnen enthüllt werden. Baniers künstlerisches Programm umfasst unterschiedlichste Künstlerinnen und Künstler, die miteinander einen faszinierenden Dialog eingehen – der jedoch von außen nur schwierig zu durchschauen ist. „Wenn ich auf vergangene Ausstellungen zurückblicke, erscheinen sie mir manchmal wie Fenster zu meiner Psyche, zu meinen Träumen, meinen Revolten, meinen Leidenschaften, meinen unterdrückten Sehnsüchten und meinen Ängsten“, sagt Banier in Hinblick auf die vergangenen zwanzig Jahre. „Ich erinnere mich, dass ich in den ersten Monaten, wenn ein Besucher eine Kritik äußerte, tief im Inneren verletzt war. Die Galerie ist ein Teil von mir. Als hätte ich ein Kind zur Welt gebracht.“