Die Paris Photo ist die wichtigste Messe für zeitgenössische Fotografie. Im Grand Palais Éphemère zeigt sie in diesem Jahr neben klassischen Vintage-Prints auch immer mehr mit KI generierte Werke
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07.11.2023
Die fotografische Serie „Beeing there“ fußt auf einem Buch, dass die beiden Künstler herausgegeben haben. Darin finden sich anonyme Familienfotos aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, die vom Feiern und Alltag erzählen. Natürlich nur der privilegierten Mittelklassefamilien. Tatsächlich stammen sie aus einer Zeit stammen der Rassentrennung, in der Amerika einem Teil seiner Bürger grundlegende Rechte vorenthielt. Omar Victor Diop verändert die Realität, indem er sich mithilfe geschickter Montage in jedes der Bilder schleicht. Er war nicht eingeladen, stellt aber nun Fragen nach der Repräsentation in jener Zeit, die bis heute wirkt.
Der irische Konzeptkünstler fotografiert nicht nur, er ist auch als Bildhauer und Filmemacher aktiv. KI und Blockchain spielen eine große Rolle in seinem Werk, und immer geht es um die Frage, welchen Wert Dinge haben respektive nach welchen Kriterien ihr Wert bemessen wird. Bekannt ist die Serie „Pricelesse“, eine Kooperation mit dem Künstler Ai Weiwei, für die beide gemeinsam verbrachte Zeit als Tokens in der Blockchain hinterlegten, um eigentlich Unbezahlbares käuflich zu machen – womit der 1969 Geborene durchaus auch die Grenzen der Kunst austestet. Die Fotografie „Somewhere in Los Angeles“ wirkt da fast schon konventionell, aber natürlich hat auch ein Basketballfeld in einer turbokapitalistischen Metropole politische Implikationen.
Die Künstlerin Stephanie Syjuco hat in den Archiven von St. Louis, Missouri, recherchiert und historische Fotografien von der Weltausstellung 1904 entdeckt, auf denen Einwohner der Philippinen zu sehen sind. Über 1200 von ihnen wurden infolge kolonialer Eroberungen in die USA gebracht und zur Schau gestellt, sie sollten Tänze und Rituale vorführen. In ihrer Serie „Block Out the Sun” nutzt Syjuco ihre Hände, um die Gesichter jener Menschen zu bedecken. Damit interveniert sie mit dem eigenen Körper gegen die Ausbeutung, die mittels der Fotografien bis heute stattfindet. Die Geste ist simpel, dennoch bewahrt sie die Porträtierten davor, weiterhin angestarrt zu werden, obwohl sie nie ihr Einverständnis für die Aufnahmen gegeben haben.
Noch ein Klassiker! Der Schweizer war ein Pionier der Konkreten Fotografie, in seiner Dunkelkammer experimentierte er ab den 1950er-Jahren mit diversen Lichtquellen und Schablonen, für die diffuse Qualität der Motive sorgte die Verwendung von Silbergelatine auf Barytpapier. Form und Struktur in der strengen Tradition des Bauhauses waren Humberts Themen, bevor er 2005 seine Erfahrungen in die digitale Fotografie überführte. Sein unikates Bild ohne Titel aus dem Jahr 1968 steht für die frühe Phase des Foto-Künstlers, der im vergangenen Jahr verstarb.