Tefaf in Maastricht

Käufliche Könige

Von der Antike über das Mittelalter bis zur Gegenwart vereint die Tefaf in Maastricht verlässlich die hochwertigsten Kunstwerke, die der Markt derzeit zu bieten hat. Wir werfen einen ersten Blick auf das diesjährige Angebot

Von Sabine Spindler
12.03.2025

Wohl kein Porzellansammler wird die Stände der beiden deutschen Meissen-Spezialisten Röbbig und Langeloh ignorieren. Röbbig führt uns mit seiner seltenen Deckelterrine des sogenannten Elisabeth-Service aus St. Petersburg von 1741 die frivole Üppigkeit des Rokokos vor. Ein echtes Statement-Piece des Modelleurs Johann Friedrich Eberlein: barbusige Frauen als Griffe und der Knauf des Deckels als hockende Pallas Athene. Weniger Mythologie, dafür umso mehr Galanterie steckt in den Harlekin-Figuren von Johann Joachim Kaendler. Zehn Motive hat Meissen um 1740, als in Dresden eine neue Theatergruppe einzog und die Begeisterung für die Commedia dell’Arte groß war, produziert. Sechs davon präsentiert Langeloh Porcelain in Maastricht, darunter den „Wütenden Harlekin“, den Kaendler als burleske Charakterstudie gestaltete. Der Preis liegt im oberen fünfstelligen Euro-Bereich.

Die Galerie Mestdagh offeriert eine Fidschi-Kette mit Segmenten von Pottwalzähnen. © Patrick & Ondine Mestdagh, Brüssel

Seit 35 Jahren ist diese Messe der Superlative Pflichtprogramm für Kuratorinnen und Kuratoren großer Museen wie engagierte Sammler, denn sie hält das jeweils Beste aus diversen Sammelgebieten bereit. Kunst aus Ozeanien wie die Fidschi-Kette mit Segmenten von Pottwalzähnen bietet die Galerie Mestdagh für rund 50.000 Euro an, während François-Xavier Lalannes lang gezogene skulpturale Bank mit Widderkopf bei Ben Brown gezeigt wird. Es ist egal, ob es sich um Schmuck oder Bronzeskulpturen handelt, der hohe Tefaf-Standard ist überall anzutreffen.

Bei David Lévy steht Auguste Rodins Bronzefigur „Das eherne Zeitalter“ von 1877 im Mittelpunkt. Sie gilt als eine der ersten modernen Bildhauerarbeiten: eine Verneigung vor Michelangelo und ein Abgesang auf das Akademische der Zeit. Die Brüsseler Galerie bietet die verkleinerte Version von 1903/04 an. Zu Lebzeiten Rodins sind wohl nur drei
Bronzen in der Fonderie Rudier realisiert worden. Der Guss, der auf der Messe präsentiert wird, stammt aus den 1940er-Jahren und soll 850.000 Euro kosten.

Die Altmeistersektion ist nicht mehr so umfangreich wie ehedem, das Material wird knapper. Doch das Angebot von Dickinson, Colnaghi und Robilant + Voena bleibt auf Museumsniveau. De Jonckheeres Interesse gehört der flämischen Malerei. Mit Sebastian Vrancx’ „Interieur der Liebfrauenkathedrale in Antwerpen“ (um 1610) offerieren die Genfer nach eigener Aussage „das wichtigste Bild diese Kathedrale“. Den Reiz der alten Meister hat auch Peter Mühlbauer aus Bayern entdeckt, der neben ausgewähltem Kunsthandwerk vermehrt auf Gemälde setzt. Fast hundert Jahre galt Johann Georg Platzers überbordende „Höfische Gesellschaft“, die einst die russischen Zarin Katharina besaß und die 1928 zu den Losen der legendären Versteigerung von Eigentum der Zarenfamilie gehörte, als verschollen. Der Preis für das wiederentdeckte Werk des Wiener Rokokos liegt bei 380.000 Euro.

Picasso Tefaf
Am Stand von Landau Fine Art hängt mit Pablo Picassos Gemälde „Les Dormeurs“ ein Highlight der Moderne. © Landau Fine Art, Montreal, Canada & Meggen, Switzerland/VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Den einstigen Rang, die teuersten Gemälde auf die Tefaf zu bringen, haben den Altmeisterspezialisten jedoch schon lange die Händler der Moderne und der Nachkriegsklassiker abgelaufen. Einer der Hotspots dieser Periode ist Landau Fine Art. Mit Picassos Gemälde „Les Dormeurs“ von 1965 bringt die Galerie aus Montreal wahrscheinlich eines der schwergewichtigsten Modernegemälde nach Maastricht, das einst bei Picassos Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler über dem Schreibtisch prangte. Seit Bilder von Picasso in dreistelliger Millionenhöhe gehandelt werden, ist ein Schlüsselbild wie dieses ein gutes Aushängeschild für die Hyper-Potenz einer Galerie, die allein mit Alberto Giacomettis Gemälde „Femme Assise“ von 1960 und dessen Bronze „La Clairière“ von 1950 sowie mit Alexej von Jawlenskys „Spanischer Tänzerin“, das erstmals in Paris auf der Art Basel Paris für 14,95 Millionen Dollar angeboten wurde, ein Tefaf-Paket der Extraklasse geschnürt hat. Deutschland ist in der Sektion für das 20. und 21. Jahrhundert mit Galerien wie Utermann, Beck & Eggeling oder Ludorff
übrigens bestens vertreten. Am Stand von Ludorff, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, setzt diesmal die amerikanische Pop-Art mit Tom Wesselmann, Keith Haring und Andy Warhol einen besonderen Akzent. Wesselmann spielt in seinem von scharfen, scherenschnittartigen Linien und kräftigen Farben bestimmten Werk fast durchgängig mit erotischen Elementen bis hin zur Provokation. „Bedroom Breast“, eine Collage in Öl auf Aluminium von 2004, macht da keine Ausnahme: Ihr Preis bewegt sich um die zwei Millionen Euro.
Schon lange trägt die Tefaf den Titel „Königin aller Messen“. Sie wird ihn dieses Jahr wieder verteidigen.

Service

MESSE

TEFAF Maastricht

15. bis 20. März 2025

tefaf.com

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