Silberobjekte mittlerer Güte mögen es derzeit etwas schwerer haben, aber bedeutende Arbeiten sind auf dem Kunstmarkt nach wie vor gesucht – auch als Geldanlage
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22.10.2021
Keine Frage: Auktionshäuser sind ein wichtiger, vielleicht der wichtigste Umschlagsplatz für Silber. Denn auch bei Dr. Fischer (Heilbronn), Metz (Heidelberg), Schloss Ahlden etc. wird älteres Tafelgerät in reicher Auswahl angeboten, da es einst Teil des gutbürgerlichen Haushalts war und im Gegensatz zu Glas oder Porzellan bruchfest ist. Aber viele Sammler kontaktieren auch gerne Händler ihres Vertrauens, die einschätzen können, was eventuell glückliche Ergänzungen für ihre Kollektionen wären.
Achim Neuse (Bremen) war mit dem vergangenen Jahr denn auch alles andere als unzufrieden: Eine rund sechs Kilogramm schwere Berliner Deckelterrine aus der Zeit um 1860, die einst wohl für den Landrat von Schenkendorff entstanden ist, wechselte für einen mittleren fünfstelligen Betrag den Besitzer. Ein kostbar mit Lapislazuli verziertes silbernes Weihwasserbecken von Giovanni Giardini (1646 – 1721), reliefiert mit der Heiligen Familie und dem Johannesknaben, ging für eine sechsstellige Summe an ein amerikanisches Museum.
Museumsverkäufe adeln jeden Kunsthändler. So kann auch Peter Mühlbauer (Pocking) stolz berichten, dass er in den letzten zwölf Monaten drei Objekte an Museen verkauft hat, unter anderem an das Freisinger Diözesanmuseum. Mühlbauer beurteilt die Stimmung im Ganzen positiv: „Mögen es Antiquitäten mittlerer Güte vielleicht schwerer haben, so sind bedeutende hochpreisige Anlageprojekte in Zeiten drohender Negativzinsen sehr gesucht.“
Christian Eduard Franke (Bamberg) sagt, nach dem ersten Corona-Schock habe sich die Situation mittlerweile sogar positiv entwickelt. Besonders erfreulich: Ein um 1730 entstandenes Paar Augsburger Teller mit Wärmeglocken von Christian Winter und Gottlieb Menzel aus dem vergoldeten Prunkservice Augusts des Starken konnte für 165.000 Euro nach Augsburg zurückvermittelt werden. Nun ist es – dank einer ungenannten Stifterin – im Maximilianmuseum zu sehen.
In Zeiten von Covid-19 sei es zwar schwierig, neue Kontakte aufzubauen, meint Georg Laue (München). Aber die Geschäfte laufen auch bei ihm gut. Kein Wunder, denn nach fast 30 Jahren im Geschäft ist er bestens etabliert. Zu Jahresbeginn konnte er eine goldmontierte Nürnberger Schale, einst in schwedischem Adelsbesitz, für über 100.000 Euro an das Toledo Museum of Art verkaufen. Ein kleines Nürnberger Tafelschiff mit Drachenkopf ging an einen Privatsammler.
Zum Silberkauf animieren aber freilich auch noch viele andere Händler. So natürlich die wohl bedeutendste Adresse für altes englisches Silber: Koopman Rare Art in London – seit Juli im Kunsthandelszentrum Mayfair ansässig. Koopman gehört auch zu den Gründungsmitgliedern der im Herbst mit rund 640 namhaften Händlern an den Start gehenden Website „The Bruno Effect“, einem exklusiven Marktplatz mit einer kuratierten Auswahl an Interieur- und Sammelobjekten. Und auch wenn man bei der Münchner Kunsthandlung Röbbig in erster Linie an frühes Porzellan denkt: Das Haus hat die höfische Kultur des 18. Jahrhunderts insgesamt im Blick. Aktuell kann man dort beispielsweise ein wohl aus Dresden stammendes, vergoldetes Jagdbesteck mit Meissener Jagddekor und grünem Mosaikfond erwerben (95.000 Euro). Auch Die Silbersuite von Kerstin Fahrenson-Baaten, ein aus einem Ladengeschäft hervorgegangener Online-Handel, offeriert mit Charme ein breit gefächertes Programm von der Kinderrassel über Rahmen bis hin zu veritablen Sammelstücken. Das Tübinger Kunsthaus von Christopher Kende legt den Schwerpunkt auf moderne Objekte. Und auch Peter Rauch (Marburg) bietet eine reiche Palette an Silberobjekten vom 17. bis ins 20. Jahrhundert an.
Insgesamt gibt es – Corona zum Trotz – momentan also reichlich Grund für Optimismus. Und da die zunächst für Ende Juni/Anfang Juli angekündigte Highlights-Messe in der Münchner Residenz wegen der Pandemie auf den Herbst verschoben wurde, kann man getrost davon ausgehen, dass es gut weiterlaufen wird.