Beste Qualität und Provenienz sind auf dem Markt für Porzellan nach wie vor gesucht – das bewies nicht zuletzt das Jahrhundertereignis der Oppenheimer-Auktion mit sensationellen Ergebnissen
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02.12.2021
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 19
Objekte mit hochfürstlicher Provenienz sind an sich auf dem Markt gefragt und erzielen Spitzenpreise. Dennoch blieb ein Speiseteller aus dem „Japanischen Service“, das 1763 für Friedrich II. von Preußen gefertigt wurde, am 6. Juli für 10.000 Pfund bei Bonhams liegen, nachdem er in der September-Auktion 2020 bei Spik in Berlin für 11.000 Euro zugeschlagen worden war. Aktuell wird das Objekt im Berliner Kunsthandel angeboten. Schnelles Geld kann mit Porzellan offensichtlich nicht gemacht werden.
Das Heidelberger Kunstauktionshaus Metz, das eine beim internationalen Publikum geschätzte Expertise für Erzeugnisse der deutschen Manufakturen des 18. und 19. Jahrhunderts in ihrer ganzen Breite besitzt, machte in den vergangenen zwölf Monaten wieder mit beachtlichen Ergebnissen auf sich aufmerksam. Metz offeriert aber immer auch interessante und qualitätsvolle Porzellane zu überschaubaren Preisen, die jungen Sammlern Einstiegsmöglichkeiten bieten. In der Auktion „Ausgewählte Werke“ am 9. Oktober kam ein kleiner, feiner Meissener Becher mit Doppelhenkel in Vogelhalsform und Unterschale zum Aufruf, verziert mit feinster Malerei (deutsche Blumen und Insekten) sowie dem ligierten Monogramm AR (Augustus Rex) in Unterglasurblau. Das eindeutig aus einer königlichen Bestellung stammende Ensemble mit der Schwertermarke und dem Zusatz „K. H. C. W.“ (für Kgl. Hof-Conditorei Warschau) war auf starke 4000 Euro taxiert – wanderte aber schließlich für 8500 Euro in die Sammlung des Warschauer Königsschlosses. Auch ein rares Paar Meissener Leuchter von 1737/40 aus einer Altargarnitur für die Kaiserinwitwe Wilhelmine Amalie fand für 40.000 Euro einen neuen Besitzer (Taxe 24.000 Euro). Ebenso konnte ein Doppelhenkelgefäß mit Deckel und Unterschale in vorzüglichem Zustand, mit prachtvollen Chinoiseriemalereien von Johann Gregorius Hoeroldt ausgestattet, seine Taxe mit einem Zuschlag bei 20.000 Euro fast verdoppeln.
Am 3. Dezember 2020 offerierte Bonhams in London im Rahmen von „Fine European Ceramics“ 26 Porzellane aus der Frühzeit der Wiener Manufaktur – aus der hochbedeutenden Kollektion des Wiener Sammlers Heinrich Rothberger. Die Objekte waren dem Textilunternehmer nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 von den Nazis geraubt und seinen Erben seit 2003 nach und nach restituiert worden. Sebastian Kuhn, Direktor der Porzellanabteilung bei Bonhams, hat Rothberger und seiner einzigartigen Kollektion ein wunderbares Katalogbuch gewidmet, das in keiner Handbibliothek zum Porzellan fehlen darf – und von Bonhams dankenswerterweise in genügend großer Auflage publiziert wurde!
Der Schwerpunkt Rothbergers lag auf den frühen Erzeugnissen der Du-Paquier-Periode. Alle Objekte wurden verkauft – ein Indiz für die hohe Wertschätzung, die das frühe Wiener Porzellan bei Museen und Sammlern genießt. Nach Auskunft des Auktionshauses soll auch die Fürstliche Sammlung Liechtenstein Stücke erworben haben. Zum Star der Versteigerung wurde ein wohl 1750 naturalistisch modellierter, weiß glasierter Elefant, der von 10.000 auf 97.000 Pfund stieg. Ein Speisenwärmer mit Deckel, um 1730 gefertigt, erzielte 135.000 Pfund (Taxe 50.000 Pfund). Das Prachtexemplar eines Bourdalou von circa 1735 war einem Sammler 85.000 Pfund wert (Taxe 30.000 Pfund).
In der „Preußen Auktion“ bei Lempertz Berlin standen am 24. April natürlich Porzellane der KPM im Mittelpunkt. Interessanterweise fanden Arbeiten der friderizianischen Epoche, die in den vergangenen Jahren wenig oder gar nicht gefragt waren, zahlreiche Käufer – „von Singapur über die USA bis Charlottenburg“, so das Auktionshaus. Ein rares „Caffee-Zeug“ aus der Frühzeit der KPM, mit einer niedrigen Taxe von 8000 Euro angeboten, wurde schließlich für 10.500 Euro zugeschlagen. Die vorzügliche Malerei und der perfekte Erhaltungszustand des Ensembles, das sich über fast zwei Jahrhunderte in englischem Adelsbesitz befand, hätte noch eine deutlich größere Steigerung zugelassen. Ein Botanischer Teller von 1806/07, dessen Spiegel mit einer „Erica vestita“ dekoriert ist, wurde für 5000 Euro weitergereicht. Ein Ergebnis, das diesem herausragenden Stück angemessen ist.
Bei Metz standen im Oktober drei Teller aus dem Dessertservice, das Friedrich Wilhelm III. von Preußen seinem Enkel und Patensohn Franz Friedrich (II.) schenkte, zur Auktion: einer mit der Ansicht des Palais’ des Prinzen Albrecht von Preußen, zwei mit deutschen Blumen beziehungsweise Früchten verziert. Alle drei konnten ihre Taxen von jeweils 2000 Euro mit den Zuschlägen bei 8000, 6000 und 2200 Euro deutlich verbessern.
Bei Neumeister in München konnte auf der Sonderauktion „Kunst im Exil“ eine KPM-Vase der Sorte „Münchner Vase Nr. 2“, ausgestattet mit einer Vedute der Berliner Prachtstraße Unter den Linden, die Taxe mehr als verdoppeln und wurde bei 80.000 Euro zugeschlagen – vielleicht auch dank eines Hinweises auf die königliche Provenienz. Ein Kaninchen mit etwas verunsichertem Blick, das nach Recherchen der Nymphenburger Manufaktur als Œuvre der bayrischen Prinzessin Isabella identifiziert werden konnte, war einer Privatperson aus Mittelfranken 5000 Euro wert – das Zehnfache der Taxe. Auch bei diesen beiden Objekten trieb ein königliches Umfeld den Hammerpreis deutlich in die Höhe.