Johann Moritz Rugendas

Von Mexiko bis Chile

Johann Moritz Rugendas’ Gemälde sind gefragter denn je. Im Gegensatz zu den malerisch reizvolleren Ölstudien sind vor allem ausgearbeitete Atelierbilder unter den am höchsten bewerteten Losen zu finden

Von Michael Lassmann
21.04.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen 7/22

Um eine solche handelt es sich bei einem „Blick auf das Becken von Mexiko mit dem Popocatépetl und dem Iztaccihuatl im Hintergrund“, der im November 2013 bei Sotheby’s, New York, die Taxe von 100.000 um 60.000 übertraf. Spätestens Ende 2016 profilierte sich jedoch Christie’s, London, endgültig als Top-Adresse für Arbeiten des Künstlers. In der Auktion „Topographical Pictures“ präsentierte man dort mit insgesamt neun Losen den Umfang einer kleinen Sammlung. Alle konnten vermittelt werden. Gleich drei Spitzenlose wurden mit mehr als einer halben Million Euro bewertet: Zuerst stieg die weiträumige Ansicht „Santiago vom Hügel von Santa Lucia aus gegen Westen“ unerwartet von 120.000 auf nie zuvor erzielte 420.000 Pfund, Minuten später war der frische Bestwert bereits wieder passé, als das Motiv „Strand von El Membrillo, Valparaíso“ mit 460.000 Pfund fast auf das Sechsfache der Taxe gehoben wurde. Auch dieser Künstlerrekord war bald eingestellt, denn beim letzten Los der Auswahl, einer reich staffierten Szene am „Mercado en Independencia, Lima“ von 1843 musste der Käufer die Hand sogar bis 600.000 Pfund oben lassen, um den Zuschlag zu erhalten. So frenetisch konnte der Applaus der Bieter dauerhaft nicht bleiben, immerhin aber brachte am gleichen Ort ein Jahr darauf eine Szene mit „Chilenischen Reitern“ 160.000 Euro. Ein vielfiguriges „Fest der Sommersonnenwende in Amancaes“ blieb dort im Oktober 2019 allerdings an der unteren Taxe bei 60.000 Pfund stehen.

Johann Moritz Rugendas, Auktionen, Kunstmarkt
Von 4500 auf 17.000 Euro kletterte im Mai 2016 bei Bassenge Johann Moritz Rugendas’ „Studie eines Indianers aus dem Stamm der Araukaner“ – die kleine Ölstudie auf Karton entstand circa 1835/36. © Bassenge, Berlin

In Deutschland wäre man mit einem solchen Ergebnis vermutlich hochzufrieden – wenn denn die entsprechenden Qualitäten vorlägen: Eine Ölstudie mit stimmungsvollem Blick auf „Die Schlucht von Beltrán“ brachte im Mai 2013 bei Grisebach, Berlin, 18.000 Euro, zweitausend mehr gab es im folgenden Februar bei Nagel, Stuttgart, für ein recht verschämtes „Liebespaar am Brunnen bei Mondschein“. Bei Bassenge, Berlin, fiel man im Mai 2016 mit 17.000 Euro für eine „Studie eines Indianers aus dem Stamm der Araukaner“ leider wieder etwas zurück. 

Resümee

  • Mit nur 34 Losen schrumpfte die Offerte gegenüber der vorigen Dekade um 30 Prozent; die Quote der Rückgänge wurde von gut 40 Prozent auf weniger als ein Viertel gedrückt.
  • Die verknappte Offerte sorgte für eine deutliche Verteuerung. Seit 2012 gelangte mehr als die Hälfte der Transaktionen über die Schwelle von 100.000 Euro.
  • Durch den Kursanstieg dominieren die Auktionsriesen Christie’s und Sotheby’s das Geschäft; der deutsche Markt hat signifikant an Bedeutung verloren.
  • Unabhängig vom Sujet sind im Gegensatz zu den malerisch reizvolleren Ölstudien vor allem ausgearbeitete Atelierbilder unter den am höchsten bewerteten Losen zu finden.

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