NFT und Web3

Die Zukunft des Internets

NFTs haben im Jahr 2021 Geschichte geschrieben und dabei ein Handelsvolumen von 44,6 Milliarden Dollar generiert. Die technologische Innovation ist auch ein kulturelles Phänomen. Warum kommt an NFTs gerade niemand vorbei?

Von Annette Doms
03.06.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen 10/22

Der NFT-Markt erscheint im Vergleich zum traditionellen Kunstmarkt dynamisch und schnell. Da er noch in den Kinderschuhen steckt, ist er aber definitiv extrem volatil. Ein ernsthaftes Investment erfordert viel Recherchearbeit. Gute Projekte fangen bereits bei 0,05 bis 5 ETH an – sie können explodieren, aber auch tief im Tal versinken. Wer einsteigen möchte, benötigt somit gute Nerven und Krypto-Wissen. Nicht zuletzt deshalb sollte ein NFT, das man erwirbt, einfach auch gefallen. Die vielen Spekulanten in dem noch jungen Markt sollten jedenfalls beachten, dass ein innerhalb eines Jahres erzielter Gewinn vollumfänglich versteuert werden muss. Die Finanzämter können und werden sich rückwirkend die Transparenz der Blockchain zunutze machen.

Die Reaktionen der Kunstwelt auf NFTs sind zwar in Teilen durchaus noch verhalten, aber die Neugierde wächst. Die Uffizien beispielsweise nutzten NFTs mittlerweile zur Erstellung digitaler Zwillinge von Werken ihrer Sammlung, um durch deren Verkauf die pandemiebedingten Einnahmeausfälle zu kompensieren. Michelangelos „Tondo-Doni“-NFT beispielsweise wurde im Mai 2021 für 140.000 Euro an ein römisches Sammlerpaar verkauft. Und auch das British Museum kooperiert mit der Firma La Collection, um limitierte Digitaleditionen von Originalen Hokusais, Turners oder Piranesis als NFT zu veräußern.

Michelangelo Tondo Doni NFT
Michelangelos „Tondo-Doni“-NFT wurde im Mai 2021 für 140.000 Euro verkauft. Die Uffizien nutzten NFTs, um durch deren Verkauf die pandemiebedingten Einnahmeausfälle zu kompensieren. © MiBACT 2017

Auch bildende Künstler wie Damien Hirst spielen mit dem Medium. Mit seinem bunt gepunkteten Werk „The Currency“ stellte Hirst das Publikum beispielsweise vor die Wahl, entweder das NFT oder das Original zu behalten. Auch eine Arbeit des Street-Art-Künstlers Banksy wurde in einer feierlichen Zeremonie in ein NFT übergeführt – und das Original anschließend vernichtet. Das gleiche Schicksal erfuhr „Fumeur V“, eine Zeichnung von Pablo Picasso aus dem Jahr 1964. Der Glaube an die Ewigkeit der Blockchain ist bei einigen Sammlern offenbar sehr groß.

Für viele noch nicht ganz klar ist, dass NFTs weit mehr sind als digitale Sammelobjekte. Ein NFT kann einfach alles sein, was immateriell oder physisch existiert: ein Bild, ein Turnschuh, Gedanken, Filme, Spiele, Immobilien, Momente, digitales Land und natürlich auch Kunst. Zudem können NFTs als Eintrittskarten exklusiven Zugang zu Informationen, zu Clubs oder VIP-Events verschaffen. Ein NFT kann auch einfach nur als Eigentumszertifikat dienen, was für die Provenienzforschung ein Segen wäre. Denn NFTs ermöglichen es, digitalen wie auch realen Vermögensanlagen einen Wert beizumessen und fälschungssicher zu handeln.

Blockchainbasierte Konzepte werden sämtliche Lebensbereiche verändern. Und die NFT-Technik bildet eine der Grundlagen für unsere Welt von morgen. Momentan erscheint die NFT-Kultur noch sehr spielerisch. Sie wird sich jedoch – wie jede Kultur – im Verlauf der Zeit über die Adaption von Gewohnheitsmustern institutionell verankern. Und so erleben wir mit NFTs nicht nur eine der bedeutendsten zeitgenössischen Innovationen im Technologie- und Finanzbereich – NFTs sind auch ein kulturelles Phänomen.

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