Lediglich 200 Gemälde des Malers Theo von Brockhusen sind bekannt, sein Stil offenbart die Begeisterung für van Gogh. Die Preise auf dem Auktionsmarkt für seine ostpreußischen und märkischen Landschaften steigen
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10.10.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 14/22
Bis heute will man offiziell lediglich von einem schmalen Œuvre von 200 Gemälden wissen – aber bereits mehr als die Hälfte davon gelangte in den letzten 20 Jahren auf den Auktionsmarkt, 46 allein seit 2012. Damit verringerte sich das Angebot um 30 Prozent, während der Anteil der Rückgänge von einem knappen Drittel auf wenig mehr als 5 Prozent herabgedrückt werden konnte. Die gestiegene Wertschätzung für Brockhusens Signatur spiegelt sich nicht nur im optimierten Abverkauf, sondern auch in der Preisentwicklung. Fast jede vierte Transaktion blieb bis 2012 noch im vierstelligen Bereich, mittlerweile schmolz dieses Preissegment auf einen Anteil von 14 Prozent. 15 und damit rund 35 Prozent der vermittelten Lose erzielten mehr als 20.000 Euro, während zuvor lediglich ein halbes dutzend Gemälde (13 Prozent) über diese Schwelle gehoben wurde.
Seit 2017 durchbrachen erstmals sogar sechs Lose die Schallmauer von 30.000 Euro. Entscheidend bestimmt wurde diese Entwicklung durch Grisebach, Berlin, wo man bereits seit den Neunzigerjahren einen bedeutenden Teil der Offerte stellt und immer wieder die besten Ergebnisse realisiert; so wurden vier der sechs höchsten Zuschläge dort notiert. Außerhalb Deutschlands findet Brockhusens Signatur kein Interesse – im Gegenteil: Wurde früher immerhin noch jedes fünfte Los im Ausland angeboten, verirrte sich im beobachteten Zeitraum dagegen nur ein Gemälde nach Frankreich. Dafür blamierten sich die Anbieter dann gleich zweimal damit.
Zunächst bewegten sich die Preise überwiegend noch in gewohnten Größenordnungen. Bei Grisebach, Berlin, kletterte im November 2012 ein Souvenir von Brockhusens Florenz-Aufenthalt, die Ansicht der „Arnobrücke in Florenz II“ von geschätzten 15.000 auf 24.000 Euro; dieser Wert wurde bei einem weiteren Auftritt des Bildes auf Schloss Ahlden acht Jahre später nochmals bestätigt. Zweifellos an diesem Ergebnis orientiert war auch die Taxe für eine weitere „Ansicht von Florenz mit Blick vom Gästehaus auf die Villa Romana“, die dort im Mai 2013 zum Aufruf kam, mit 18.500 Euro jedoch deutlich unterhalb des Schätzpreises abgegeben werden musste. Dagegen gelang es im September 2014 bei Dannenberg, Berlin, einen auf 15.000 Euro geschätzten Blick auf eine dörfliche „Landstraße mit Bäumen“ (um 1905) immerhin auf 22.000 Euro hochzuziehen. Ende 2017 registrierte Grisebach, Berlin, dann den ersten Wert über 30.000 Euro: Eine 100 Jahre zuvor gemalte „Sommerlandschaft bei Kaiserswaldau“ war zwar zunächst ebenfalls nur auf 15.000 Euro geschätzt, blieb jedoch erst bei 32.000 stehen.
Im April 2020 schrieb Irene Lehr, Berlin, mit der seltenen Ansicht „Gardone VII“ den bis dahin höchsten Wert. Mit seinem Gebot über 40.000 Euro musste der Käufer den angenommenen Wert des um 1911 entstandenen Motivs mehr als verdoppeln. Ende des Jahres verbesserte sich bei Grisebach, Berlin, eine Vorfrühlingsstimmung auf einem „Gutshof in Seelow“ von 25.000 auf 36.000 Euro Euro, sechs Monate später etablierte das Haus dann den höchsten Zuschlag überhaupt: Das aus einer Privatsammlung in Brandenburg stammende Motiv „Ausflugslokal (Gasthaus Baumgartenbrück)“ war nur mit marktüblichen 30.000 Euro veranschlagt, wurde schließlich jedoch auf 85.000 hochgesteigert. In der gleichen Auktion stieg ein Havel-Motiv auf 38.000, nur eine Woche darauf zog Ketterer, München, eine „Strandpromenade in Knokke“ von 18.000 auf 34.000 Euro hoch.
Mit 46 Losen verringerte sich die Offerte an Gemälden seit 2012 um 30 Prozent; die Quote der vermittelten Lose stieg von einem Drittel auf fast 95 Prozent.
Mit dem verbesserten Abverkauf korreliert auch die aktuelle Verteuerung; 15 Gemälde konnten über die Schwelle von 30.000 Euro gehoben werden.
Seit 2017 wurden erstmals sechs Lose mit mehr als 30.000 Euro bewertet. An der Preisspitze sind impressionistische Arbeiten aus den Nullerjahren ebenso wie späte Werke aus den Jahren des Ersten Weltkriegs.
Geringes Interesse fanden die sehr selten angebotenen konventionellen Landschaften der Anfänge in Ostpreußen.