Sammlerseminar

Wissenswertes zu Künstlerautografen

Was ist eine Paraphe und was versteht man unter Visitformat? Wo lassen sich Autografen anschauen? Wo sind sie zu erwerben? Unsere kompakte Übersicht

Von Markus Brandis
03.11.2021
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 189

Literaturmuseum Moderne Marbach Autografen Ausstellung
Im Literaturmuseum der Moderne in Marbach, neben dem Deutschen Literaturarchiv, sind in den Ausstellungen immer Autografen zu erleben. © DLA Marbach

Welche Institutionen haben die besten Sammlungen künstlerischer Autografen?

Autografen werden in zahllosen Museen, Bibliotheken und Archiven rund um den Globus verwahrt. Aber einige Institutionen ragen heraus und sind für Sammler besonders interessant. Die Deutsche Nationalbibliothekin Leipzig besitzt neben den Staatsbibliotheken von Berlin und München nicht nur eine der ältesten Sammlungen an Autografen und Schriftstücken, ihr angegliedert ist das Deutsche Buch- und Schriftmuseum, das seine Geschichte bis 1884 zurückverfolgen kann. Die Dauerausstellung eignet sich hervorragend zur Einführung in die Welt der Autografen und zum Studium der Handschriften, Papiere, Tinten und weiterer Hilfsmittel, aber auch der Geschichte des Fachs. Ähnlich didaktisch begleitet wird man im Deutschen Literaturarchivin Marbach am Neckar mit seinen enormen Beständen an Manuskripten. Das dazugehörige 2006 eröffnete Literaturmuseum der Moderneist ein Meisterwerk des Architekten David Chipperfield, eine ganz dem Autograf gewidmete Kultstätte.

Ein anderer dem Buch und den Schriftzeugnissen geweihter Tempel, der unbedingt einen Besuch lohnt, ist die 2002 fertiggestellte Bibliotheca Alexandrina im ägyptischen Nildelta, wo einst die größte Bibliothek der antiken Welt stand. Wie ein Schiff erhebt sich das Gebäude vor dem blauen Mittelmeer. Eine mächtige Mauerfassade schützt ihre Zimelien vor der Sonne. Mit ständigen Autografenausstellungen lockt auch die Huntington Libraryin San Marino bei Los Angeles. In der kalifornischen Großmetropole befindet sich, spektakulär wie eine Akropolis des Geistes über dem Häusermeer thronend, auch eine der weltweit führenden Forschungsstätten der Kunstwissenschaft, das Getty Center mit dem Getty Research Institute und dessen gewaltigem Archiv, untergebracht in erdbebensicheren Depots. Der Gebäudekomplex, ein genialer Wurf des amerikanischen Architekten Richard Meier, umfasst auch ein Museum, in dem neben Künstlerzeichnungen immer wieder Autografen und andere Kostbarkeiten aus dem Archiv ausgestellt werden. Auf dem europäischen Kontinent sollen die British Library in London und die Bibliothèque nationale in Paris nicht übergangen werden. Beide Schatzhäuser von Wort und Geist erhielten spektakuläre Bibliotheksneubauten, die in Lesesälen und in Ausstellungsräumen neben Büchern auch Autografen zeigen. Unübertroffen in seinem Genre ist das Centre belge de la Bande Dessinéein Brüssel. In einem Bau des Jugendstilarchitekten Victor Horta lassen sich die Nachlässe der Comic-Künstler in Bild und Text studieren und bewundern.

Welche Händler sind auf dem Gebiet aktiv?

Immer wieder werden Fachleuten ganze Konvolute von im Web zusammengekauften Autogrammen und Autografen angeboten, von denen sich dann fast alle Stücke als Faksimiles, Kopien oder gar Fälschungen herausstellen. Es sei also dringend geraten, sich beim Aufbau einer Sammlung von anerkannten, etablierten Händlern beraten zu lassen, die Echtheitszertifikate ausstellen und mit ihrem Namen für Qualität und Authentizität der Autografen garantieren. Zu den wichtigsten Händlern gehören im britischen Harrow Adam Andrusier, in New York David Lowenherz mit seiner Firma Lion Heart Autographs. Renommierte Anlaufstellen in Deutschland sind Eberhard Köstler in Tutzing und Thomas Kotte in Roßhaupten. Stargardt in Berlin bietet neben seinen Auktionen auch Autografen in unregelmäßig erscheinenden Lagerkatalogen an. In Wien ist das Antiquariat Inlibris auf dem Gebiet führend. Vor allem auf Autogramme spezialisiert ist Markus Brandes im schweizerischen Kesswil.

Welche Auktionshäusern bringen Künstlerautografen zum Aufruf?

Den Spitzenplatz im Auktionshandel für Autografen nimmt die Firma J. A. Stargardt in Berlin ein, die 1830 gegründet wurde und ihr Spezialistentum mit höchstem Sachverstand vertritt. Ebenfalls traditionsreich ist das Berliner Haus Bassenge, das seit 1963 neben Kunst und Büchern zweimal im Jahr Autografen anbietet, immer wieder auch in separaten Katalogen. Ebenfalls Autografenkataloge bringt das Krefelder Auktionshaus Axel Schmoltauf den Markt. Bei anderen deutschen Häusern wie Hartung & Hartung und Zisska & Lacher in München, dem Hamburger Buch-Firmenteil von Ketterer, Venator & Hanstein in Köln, Reiss & Sohn in Königstein oder Kiefer in Pforzheim lohnt sich ebenfalls ein Blick in die Kataloge, auch wenn Autografen dort nur sporadisch angeboten werden. Am Internationalen Markt dominieren die beiden Global Player Sotheby’s und Christie’s, aber auch Swann in New York ist auf dem Gebiet sehr aktiv. Künstler-Memorabilia und Autogramme versteigert Chaucer Auctions im englischen Folkestone. Das amerikanische Haus Todd Mueller Autographs in Colorado Springs geht in dieselbe Richtung, wobei auch hier eher das Autogramm als Souvenir im Vordergrund steht. In Sankt Petersburg bieten Andrey Ushakov and Boris Gromov im North Auction House Autografen an, während sich im südspanischen Málaga die Firma International Autograph Auction seinen Namen gemacht hat. Französische, aber auch internationale Autografen erwirbt man bei einigen Versteigerern im legendären Hôtel Drouot in Paris. Nicht vergessen als wichtige Adresse sei das Dorotheum in Wien, das seit über 100 Jahren in eigenen Auktionen Handschriften, Manuskripte und Autografen versteigert.

Welche Literatur bietet eine gute Einführung in das Thema?

Immer noch eine wichtige Referenz ist der Katalog des Sammlers Karl Geigy-Hagenbach: „Album von Handschriften berühmter Persönlichkeiten vom Mittelalter bis zur Neuzeit“ (1925). Die zahlreichentranskribierten und als Faksimile abgebildeten Autografen sind ein wertvolles Studienmaterial. Schon 1887 verfasste Eugen von Mor seine „Anleitung zum Sammeln von Autographen“. Ebenfalls ein zeitlos gültiges Handbuch ist „Vom Autographensammeln“ (1963) von Günther Mecklenburg, dem großen Autografenhändler der Firma Stargardt. Eine wahre Berufskunde für „professionelle“ Sammler wie für Händler bietet Hermann Jung im ‑„Ullstein Autographenbuch. Vom Sammeln handschriftlicher Kostbarkeiten“ (1971). Englische wie französische Pendants dazu sind Charles Hamiltons „Collecting Autographs and Manuscripts“ (1961), „A guide to autograph collecting“ von Vicco De Winter (2020) und „Manuel de l’amateur d’autographes“ von Pierre Jules Fontaine (1963). Gute Einstiegshilfen in das Thema sind auch Sammlerdarstellungen samt Katalogen wie „Goethes Autographensammlung“ (1961), „Stefan Zweigs Welt der Autographen“ (1996) oder „Karl von Holtei als Autographensammler“ (2005). Die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift „Autographensammler“ gibt gute Einblicke in die Leidenschaft des Autogrammjägers, bringt aber auch kurzweilige Artikel über historische Autografen, über Fälschungen, Grafologie, die Sammlerszene und vieles mehr.

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