Auf dem Auktionsmarkt für Asiatika stockt der Absatz im mittleren und unteren Preissegment. Doch Hochpreisiges boomt in allen Sparten – auch dank immer mehr Sammlern aus Asien
Von
22.11.2021
/
Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 17
Vor, mit oder nach Corona gilt also: Berühmte Künstler treiben die Preise in die Höhe – oder manchmal auch nur Zuschreibungen an berühmte Namen. So konnte eine auf nur 4000 Euro geschätzte Landschaft aus dem 16. Jahrhundert bei Nagel im Sommer für 100.000 Euro zugeschlagen werden. Die Arbeit war im Stil des Zhao Mengfu gearbeitet, der zu den bedeutendsten Malern des 13. Jahrhunderts zählt. Ein Album aus der Tsao Family Collection mit 19 Blättern des Mönchmalers Hongren (1610–1664) war am 19. April bei Sotheby’s in Hongkong einem Bieter umgerechnet über 12 Millionen Euro (110 Mio. HKD) wert. Trotz der kleinen Formate von je 19 mal 13 Zentimetern ist es dem begnadeten Maler gelungen, die Großartigkeit und Weite der Landschaft einzufangen.
Objekte von musealer Qualität sah Ende letzten Jahres der Handelsplatz London. Ein Paar bronzener Armbrust-Halterungen für einen Kriegswagen erzielten bei Christie’s 1,25 Millionen Pfund. Die beiden mit Drachen und Phönixen in Gold und Silber eingelegten Objekte aus dem 4. / 3. Jahrhundert v. Chr. waren wunderbar erhalten und von großer Seltenheit. Im Bereich chinesischen Cloisonnés und Jade konnten ebenso schöne Abschlüsse getätigt werden. So kamen bei Sotheby’s New York Objekte des Brooklyn-Museums zum Aufruf. Ein paar großer, spinatgrüner Jade-Vasen mit Unsterblichen in minutiös geschnittener Landschaft stiegen von 150.000 auf 650.000 Dollar. Sie entstammten der Qing-Dynastie und wurden durchbrochen gearbeitet. Mit wohlriechenden Kräutern und Weihrauch befüllt, dienten sie zur Verbesserung der Raumluft. Ein außergewöhnlicher, weiß-bräunlicher Pinselbecher aus der Qing-Zeit – das herausgestellte Highlight dieser Auktion – wurde im Bereich der Schätzung bei 1,1 Millionen Dollar abgesetzt. Bei Sotheby’s wurden im April drei Weltrekorde für Jadearbeiten aufgestellt – allerdings in Hongkong, wo Jade traditionell höher als im Westen gehandelt wird. Ein herausragendes Siegel aus dem Besitz des Kaisers Qianlong erzielte rund 13,5 Millionen Euro (125 Mio. HKD).
Die Hinwendung zu Jade, Bronzen und Keramiken der Song-Zeit löst – so Nicolas Chow, Präsident von Sotheby’s Asia – die Fixierung vieler früherer Sammler auf Ming- und Qing-Waren langsam ab. Dennoch war es eine Porzellanschale mit kobaltblauer Bemalung im Heaped-and-piled-Effekt aus dem frühen 15. Jahrhundert, die in New York für Überraschung sorgte. Mindestens einspielen sollte sie 300.000 Dollar, zugeschlagen wurde sie zum doppelten Preis. Erstaunlich und erfreulich für den Vorbesitzer, der das Kleinod mit Kennerblick oder gutem Bauchgefühl für 35 Dollar auf einem Flohmarkt erstanden hatte.
Huanghuali-Möbel werden nach wie vor stark nachgefragt. Christie’s konstatiert einen großen Appetit auf Qualitätssammlungen mit Seltenheitswert – was die im Mai versteigerte Möbel-Sammlung aus dem Landhaus Heveningham Hall in Suffolk denn auch verdeutlichte. Ein faltbarer Stuhl aus Huanghuali-Holz mit pferdehufförmiger Lehne konnte seine Taxe mehr als verfünffachen und wurde erst für umgerechnet 5,8 Millionen Euro (55 Mio. HKD) zugeschlagen.
In New York versteigerte Christie’s im September japanische Kunst. Ein Shachi aus Eisen mit feurigen Augen schloss mit guten 500.000 Dollar (Taxe 120.000 Dollar) ab. Dieser Tiger-Fisch, ein stacheliges, fischförmiges Tier, wird mit dem Regen assoziiert. So wird er oft an Tempeln angebracht, um diese vor Feuer zu bewahren. Die beweglichen Teile der Figur – auch das Maul lässt sich öffnen und schließen – erinnern an die Plattenpanzer der japanischen Samurai, die sich solcherlei Okimono als bedeutungsvolle Dekorationsobjekte in die Häuser stellten.
Tun das die Sammler von heute nicht ebenso? Selbstverständlich, gerade im Bereich der Asiatika. Absatzsorgen müssen sich die Auktionshäuser der Sparte denn auch kaum machen, schon gar nicht im Spitzenbereich. Eher stellt sich für sie die Frage nach hochkarätigem Nachschub. Und natürlich die nach der Entwicklung der Absätze im unteren bis mittleren Preissegment.