Ein Raubkunst-Krimi, ein neuer Weltrekord für eine Marmorskulptur und Bietgefechte um Kunstwerke abseits der gängigen Pfade – der Markt für Antiken hatte in den vergangenen Monate einiges zu bieten
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14.03.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 3/22
Christie’s versteigerte am 7. Juli in London mehrere Terrakottafiguren aus der Amlash-Kultur. Die nach einer Stadt in der Provinz Gilan im Norden des Irans benannte Kultur erlebte ihre Blütezeit zwischen 1250 und 800 v. Chr. Typisch für ihre Kunst sind stilisierte Darstellungen von Tieren und Menschen, die heute extrem modern wirken und daher – wie auch die Skulpturen aus Qataban – perfekt in Cross-over-Sammlungen passen. Die äußerst niedrig taxierten Figuren verbesserten sich deutlich: Eine als Fruchtbarkeitssymbol zu interpretierende Frauenfigur mit extrem breiten Hüften stieg von 7000 auf 110.000 Pfund, ein Rython in Stierform von 10.000 auf 130.000 Pfund und eine weibliche Figur mit scheibenförmigem Gesicht, markanter Nase und großen Spiral-Augen kletterte von 10.000 auf 250.000 Pfund.
Das altpersische Reich der Achämeniden war das erste persische Großreich. Es erstreckte sich vom späten 6. bis ins späte 4. Jahrhundert v. Chr. über die Gebiete der heutigen Staaten Türkei, Zypern, Iran, Irak, Afghanistan, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Syrien, Libanon, Israel, Palästina und Ägypten. Als ursprünglich nomadisches Gebirgsvolk konnten die Perser nach der unglaublichen Expansion ihres Reiches kulturell aus dem Vollen schöpfen. So finden sich in den verschiedenen Kunstformen mesopotamische, kleinasiatische, griechische und ägyptische Einflüsse. Zu den Auktions-Highlights achämenidischer Kunst gehörten zwei goldene Appliken, die am 8. Dezember bei Christie’s in London unter den Hammer kamen und ihre Schätzpreise von jeweils 100.000 Pfund mit Zuschlägen bei 1,15 und 1,35 Millionen Pfund weit hinter sich ließen. Die Reliefs aus der Regierungszeit Artaxerxes II. (404–359 v. Chr.) wurden 1920 im iranischen Hamadan ausgegraben und 1948 in einer Ausstellung im Pariser Musée Cernuschi zusammen mit weiteren achämenidischen Goldobjekten präsentiert. Die eine Applike zeigt einen geflügelten Stier, die andere Lamassu, einen Schutzdämon mit Stierkörper, Flügeln und menschlichem Kopf. Vermutlich zierten sie einst Möbel oder Türen.
Achämenidische Kunst war auch auf deutschen Auktionen zu finden. Gorny & Mosch versteigerte am 9. Juli in München ein silbernes Rhyton mit Pferdeprotome des 5./4. Jahrhunderts v. Chr., das von 18.000 auf 24.000 Euro kletterte. Eine Silberphiale des 5. Jahrhunderts v. Chr. realisierte 14.000 Euro. In derselben Auktion gab es auch die seltene Gelegenheit, eine thrakische Goldfibel des 7./6. Jahrhunderts v. Chr. zu ersteigern. Das ausgezeichnet erhaltene Schmuckstück mit dekoriertem Bügel und gepunzten Kreispunkten war einem Bieter 16.000 Euro wert – mehr als das Doppelte der Taxe.