Was bringt die Kunstbiennale in Venedig 2024? Die ersten Künstlerinnen und Künstler der Länderpavillons stehen fest, die Hauptausstellung nimmt die globale Migration in den Fokus
ShareFür den britischen Pavillon hat das British Council bereits im Januar den renommierten ghanaischstämmigen Künstler Sir John Akomfrah (*1957) eingeladen, der in London lebt. In Venedig ist der von der Lisson Gallery vertretene Filmemacher, der sich mit den Facetten der Migration beschäftigt, kein Unbekannter. Bereits 2015 war er in Okwui Enwezors Kunstbiennale „All the World’s Futures“ mit der Videoinstallation „Vertigo Sea“ von 2015 vertreten, und 2019 stellte er im ersten Ghana-Pavillon die raumgreifende Drei-Kanal-Videoinstallation „The Elephant in the Room – Four Nocturnes“ von 2019 aus (unter anderem zusammen mit dem Bildhauer El Anatsui). Frankreich hat den franko-karibischen Künstler und Dichter Julien Creuzet berufen, der 1986 in Martinique geboren wurde und in Paris lebt und arbeitet. Mit seinen hybriden Skulpturen und Wandarbeiten, in denen er mit gefundenen Materialien seinen kulturellen Wurzeln nachspürt, wird Creuzet, Gewinner der BMW Art Journey 2021, in diesem Jahr auch bei der 35. São Paulo Biennial vertreten sein. Beide Pavillons hatten 2022 erfolgreich Künstlerinnen nominiert, die in ihrem jeweiligen Land Minderheiten vertreten. Die afro-karibische Künstlerin Sonia Boyce gewann mit ihrem Beitrag „Feeling Her Way“ den Goldenen Löwen für Großbritannien, und die in London lebende marokkanisch-französische Fotografin Zineb Sedira sorgte im französischen Pavillon mit ihrer Live-Perfomance „Dreams have no titles“ für Begeisterung und Besucherschlangen an den Eröffnungstagen.
Allgemein bestätigt sich der eingangs am Schweizer Beispiel erwähnte Trend, dass Künstlerinnen und Künstler in ihren Biografien die weltweit von Migrationsbewegungen geprägte Lebensrealität widerspiegeln. Die Schweiz vertritt der in Brasilien lebende Multimediakünstler Guerreiro do Divino Amor, dessen Installation „Super Superior Civilizations“ sich kritisch mit der Bildsprache nationaler politischer Mythen, deren Aufladung, Hierarchisierung und Nutzung auseinandersetzen wird. Den Pavillon der Niederlande bespielen der Konzeptkünstler Renzo Martens und Mitglieder des Künstlerkollektivs Cercle d’Art des Travailleurs de Plantation Congolaise (CATPC). Die Kooperative von Plantagenarbeitern auf einer stillgelegten Unilever-Plantage in Lusanga in der Demokratischen Republik Kongo positioniert sich mit Schokoladenabgüssen auf dem Kunstmarkt. Für Kanada wurde die französisch-kanadische multidisziplinär arbeitende Künstlerin Kapwani Kiwanga berufen, die bei der Kunstbiennale 2022 mit ihrer Mixed-Media-Installation „Terrarium“ im Arsenale für Furore sorgte.
Im Kontext der Migration bietet auch der Pavillon Südkorea eine interessante Personalie, denn hier stellt die 1967 in Seoul geborene Künstlerin Koo Jeong aus, die in Paris lebt und arbeitet. Bekannt ist die von der Berliner Galerie König vertretene Künstlerin für ihre Installationen mit unbewegten und bewegten Bildern, Klängen und Düften, die Bezug nehmen auf ortsspezifische Situationen. Sie ist die Lebensgefährtin des Londoner Kurators und WELTKUNST-Kolumnisten Hans Ulrich Obrist.
Bis die offiziellen Listen der Ländervertretungen, der Collateral-Events sowie der Künstlerinnen und Künstler der Hauptausstellung der Kunstbiennale 2024 bekannt gegeben werden, lohnt sich ein Blick auf das Instagram-Profil des Biennale-Direktors Adriano Pedrosa. Denn dort berichtet er regelmäßig über seine Reisen und Studio Visits.