Der senegalesische Künstler Omar Victor Diop schlüpft für seine Fotografien in die Rollen historischer Persönlichkeiten und erzählt so schwarze Geschichte neu. Nun ist sein Werk bei Fotografiska in Berlin zu sehen
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06.02.2024
Wer sind wir als Gesellschaft, wenn unsere Geschichte jahrhundertelang nur aus einer Perspektive erzählt wurde? Der senegalesische Künstler Omar Victor Diop zollt mit seinen Fotografien Menschen und Ereignissen der schwarzen Geschichte Respekt. Damit diskutiert er unsere Erinnerungskultur zum Kolonialismus, zur gesellschaftlichen Unterdrückung und schwarzen Freiheitsbewegungen. Er sagt, nur eine Wahrnehmung und Wertschätzung anderer Perspektiven auf die menschliche Historie könne dazu führen, dass sich alle Menschen in der Gesellschaft zugehörig fühlten. Und Kunst sei der beste Weg, um diesen Diskurs zu führen.
Ich war zu der Zeit mit einem Kunstförderprogamm in Spanien, eine ungewohnte Umgebung und ohne Zugriff auf meine sonstigen Models. Zur Inspiration schaute ich mir klassische Barockgemälde an und wie dort Licht als erzählendes Element genutzt wird, besonders auf schwarzer Haut. So stieß ich auf eine Reihe von schwarzen Männern aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert, die von großen Meistern der jeweiligen Zeit gemalt wurden. Das hat mein Interesse geweckt: Wer waren diese allem Anschein nach sehr wichtigen Schwarzen und warum hatte ich noch nie von ihnen gehört?
Der eigentliche Plan war es, die Kostüme anzufertigen und dann nach Dakar zu fliegen, um dort Modelle zu finden, die den Personen ähnlich sahen. Bevor ich flog, machte ich ein Testbild mit mir selbst und mein Galerist fand es so gut, dass er mich dazu brachte, weiter selbst die Charaktere zu verkörpern. So begann mein Motiv des Selbstporträts.
Der Effekt liegt in der Wiederholung. Manchmal sind auch in einem Bild viele verschiedene Charaktere abgebildet, die aber alle das gleiche Gesicht haben. Jede Dopplung fügt meinem Gesamtwerk eine neue narrative Ebene hinzu. Sie zeigt, wie all diese Geschichten und Personen zwar einzeln abgelichtet, aber im Thema verbunden sind. Es sind alles Beispiele von Widerstand und Excellenz. Und sie zeigen, wie schwarze Menschen über Jahrhunderte hinweg so viel Leid ertragen mussten, von Sklaverei, der Kolonialzeit, Unterdrückung, Apartheid bis hin zur antirassistischen Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten. Die Wiederholungen geben den Werken noch mehr Schlagkraft.
Ich bin immer allein im Studio. Ich hatte noch nie eine Fotoassistenz oder ähnliches. Ich will nicht zu spirituell klingen, aber ich habe das Gefühl, jedes Mal eine Verbindung mit den Personen aufzubauen, die ich darstelle. Als wären sie die zweite Präsenz im Raum.
Wenn ich die Bilder ansehe, sehe ich nicht mich selbst. Wenn ich tief genug in die Geschichte der Person eingetaucht bin, vergesse ich manchmal, dass ich es bin, der auf dem Bild ist. Ich habe sehr früh eine Distanz zwischen mir und meiner Kunst aufgebaut. Es sind weniger Selbstporträts und mehr Theaterstücke.