Kulturgut im Ukraine-Krieg

Im Fadenkreuz

Mit vereinten Kräften stemmt sich die Ukraine gegen die Zerstörung ihres Kulturerbes. Wir haben Geschichten aus Kiew und Berlin, Genf und Lwiw gesammelt

Von Simone Sondermann
04.05.2022
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 198

Eine heikle Frage bleibt die Evakuierung bedeutender Kulturgüter ins Ausland, berichten sowohl Haak als auch Parzinger. Hier gibt es viele Hürden, vor allem der Transport innerhalb der Ukraine birgt hohe Risiken. Hinzu kommen rechtliche Fragen. „Wir als Staatliche Museen zu Berlin können nicht einfach ukrainisches Kulturgut aufnehmen. Das muss von den politischen Institutionen auf beiden Seiten entschieden werden. Wir wären aber grundsätzlich dazu bereit“, sagt Christina Haak. Eine Taskforce des Bundesministeriums für Kultur und Medien befasse sich derzeit mit dem Thema.

Ukraine-Krieg Kulturerbe
Die Bilder von geschützten Denkmälern und Kirchen wie hier in Lwiw gingen mittlwerweile um die Welt. © Elena Subach

Die Entschlossenheit der ukrainischen Museumsleute, Restauratorinnen und Wissenschaftler, das Kulturerbe des Landes zu schützen, scheint indes ungebrochen. Selbst wenn sie über die Evakuierung von Werken sprächen, erzählt Haak, bekäme sie nie zu hören, dass die Kolleginnen mit nach Deutschland gehen wollten. Sie sagten immer nur: Wir bleiben hier, bei unseren Objekten. Dafür empfinde sie höchsten Respekt.

Auch Olena Yasynetska von Sankt Sophia in Kiew hat sich trotz allem einen kämpferischen Optimismus bewahrt. „Lassen Sie uns auf einen schnellen Sieg hoffen“, sagt sie zum Abschluss, „einen Sieg des Lichts über die Dunkelheit, der friedlichen Ukraine über ein aggressives Russland, des schöpferischen Geists über die barbarische Ideologie der Zerstörung.“ Und Volo Bevza, der Maler, dessen Bilder in Kiew blieben, ist mittlwerweile wieder in Berlin. Seine Freundin Victoria Pidust hatte Teile der Familie nach Berlin begleitet, doch er selbst durfte das Land für viele Wochen nicht verlassen. Er war erst beim Heimatschutz eingesetzt, hat geholfen, Panzersperren für die Verteidigung der Stadt zu schweißen. Dann hat er Studierende an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee unterrichtet. Online, wie aus der Pandemie gewohnt. Mittlerweile dürfen Männer, die im Ausland studieren oder arbeiten, die Ukraine verlassen. Nach mehreren Anträgen ans Militärkommissariat und mit viel Unterstützung aus Deutschland konnte Volo Bevza kurz nach Ostern ausreisen. Seine Bilder hängen derweil noch immer im Ausstellungsraum in Kiew. Er hofft, dass er die Schau irgendwann eröffnen kann. Vielleicht noch in diesem Jahr.

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