Mal offene Bühne, mal verschwiegene Winkel: Salzburg bietet viele geliebte Rituale. Die Reiseexpertin Nadja von Buseck und der Galerist Sebastian Hoffmann geben Tipps für ein erfülltes Leben zwischen Kunst und Konditorei
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16.08.2022
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Erschienen in
Weltkunst Nr. 187
Frau von Buseck, Sie haben vorhin erzählt, dass Sie in einem Salzburger Hotel aufgewachsen sind. Ihre Familie führt es heute nicht mehr. Wie war Ihre Kindheit dort?
Ich habe es immer geliebt, es war ein Familienhotel, es gab also immer viel Arbeit, man musste ständig Präsenz zeigen, auch als Kind. Wir haben überall mitgeholfen, wir waren bei den Begrüßungsrunden dabei, wenn die Gäste abends zum Essen Platz genommen haben …
Von Tisch zu Tisch?
Ja, ich musste auch immer einen Knicks machen, alte Schule. Ich habe das alles gemocht, weil das Hotel für mich ein Fenster zur Welt war, ich konnte ein internationales Publikum erleben, das außerhalb der Festspielzeit nicht in der Stadt ist. Unser Hotel war besonders unter meinen Großeltern erfolgreich, sein Ruhm begann mit der Mondlandung 1969. Kurz vorher war Wernher von Braun bei uns zu Gast, der berühmte deutsche Raketenbau-Ingenieur, der damals für die NASA gearbeitet hat. Er hat bei uns im Hotel seinen Geburtstag gefeiert, und ein Bericht über die Feier lief im amerikanischen Fernsehen. „Seitdem kamen sie alle“, hat meine Großmutter immer gesagt, Richard Nixon, viel später auch Arnold Schwarzenegger, die Opernsängerin Jessye Norman. Sie hat mir mal ein kleines goldenes Glücksschweinchen geschenkt, sie war öfter bei uns. Allerdings war ich in meiner Kindheit am aufgeregtesten, als es einmal hieß, die Backstreet Boys kommen zu uns. Kurz vorher haben sie wieder abgesagt, weil wir keine Klimaanlage hatten. Da war ich schon sehr enttäuscht.
Wie ist Salzburg eigentlich außerhalb der Festspielzeit?
SH: Ich habe ja ein paar Jahre lang viel Zeit in Salzburg verbracht für meine Arbeit in der Galerie, einmal in der Woche kam ein Freund aus Wels zu Besuch, immer donnerstags, auch um im Bazar die ZEIT zu lesen. Einmal im Februar stand er dort vor verschlossener Türe – Betriebsferien. Ich habe ihn überredet, ins Tomaselli mitzukommen – auch Betriebsferien! Weil natürlich im Februar absolut nichts passiert in der Stadt. Da wusste ich plötzlich auch nicht mehr wohin.
Was sind abends Ihre Lieblingsorte?
NvB: Für einen Drink gehe ich in die Fridrich Bar.
SH: Ich auch!
Was ist das Tolle an der Fridrich Bar?
SH: Sie ist sehr hübsch ausgestattet, winzig. Der Wirt ist klasse, er hat auch einen wahnsinnig guten Musikgeschmack …
NvB: … überall stehen seine Platten …
SH: …und man ist sofort Teil der Gästegruppe. Das kann toll sein oder nervig. Aber wenn’s nervig ist, ist es immer noch lustig. Man kann auch tanzen, es gibt zwar eigentlich keinen Platz dafür, es wird aber trotzdem gemacht.
Und dann gibt es ja noch die Bar Harry Bär auf der Rückseite des Theaters, mit einer lauten Jukebox. Künstlerinnen und Künstler feiern dort gerne.
NvB: Stimmt, das Harry Bär könnte es so ähnlich auch in Berlin geben. Ich lebe jetzt seit 14 Jahren nicht mehr in Salzburg, und irgendwann habe ich aufgehört, in Salzburg an Orte zu gehen, die nicht typisch sind für die Stadt, wenn ich schon mal da bin.
Wenn Sie in Salzburg shoppen gehen – wo?
NvB: Für Design empfehle ich den Madero Collectors Room im sehr schönen, alten, romantischen Stadtteil Nonntal. Alejandro Madero, der Besitzer, hat lange in Skandinavien gelebt. Er verkauft vor allem Design aus dem 20. Jahrhundert, unter anderem das berühmte Wiener Glas von Lobmeyr.
SH: Es gibt erstaunlich gute Brillenläden und das Hutgeschäft Zapf, sehr fein. Als Nicht-Salzburger darf ich so was natürlich gar nicht sagen, aber wenn man länger in der Stadt ist, und es fallen einem die Salzburger Nockerln auf den Kopf, dann gibt es Amerikanische Nacht.
Amerikanische Nacht?
Man fährt raus zum Flughafen und besucht dort die amerikanische Shoppingmall, die einen wirklich sofort in den Mittleren Westen der USA versetzt. Gegenüber ist dann auch noch ein Multiplexkino. Weiter kommst du von Salzburg nicht weg für einen Abend, so seelisch.
Und wenn ich etwas Traditionelles aus Salzburg kaufen will?
NvB: Für eine Tracht gehst du zu Gössl, etwa für Lederhosen.
SH: Und falls du etwas Süßes suchst: Bach-Würfel statt Mozartkugeln in der Konditorei Fürst.
Warum lieber Bach-Würfel?
Die Konditorei Fürst hat zwar auch die Mozartkugeln erfunden, aber Bach-Würfel sind noch köstlicher. Sie haben dieselben Außenmaße wie die Mozartkugeln, aber eben in Würfelform. Im Grunde sind sie komprimierte Torten für unterwegs. Und ein wunderbares Mitbringsel.
Wenn man aus einer Stadt kommt oder länger dort lebt, entdeckt man kuriose Sehenswürdigkeiten. Haben Sie welche in Salzburg?
SH: Ich hab mal eine Plakette an einem scheunenartigen Gebäude gesehen, auf der steht: „Wahrscheinlich spielte Mozart hier als Kind.“
NvB: Wo spielte er nicht?!
SH: Wir stehen ja für unser Gespräch nicht umsonst unter einem Bild von Mozarts „Don Giovanni“ hier in der Alten Nationalgalerie: der Berliner Künstler – zwar nicht hier geboren, aber hier tätig – Max Slevogt malt einen portugiesischen Opernsänger, der einen Italiener spielt, den Wolfgang Amadeus Mozart geschrieben hat. Und schwupps sind wir von Berlin nach Salzburg gereist.
NvB: Ich bewege mich gerne ein kleines Stück aus der Stadt und fahre oft zum Kommunalfriedhof, geht auch als etwas längerer Spaziergang. Er ist schön gelegen, mit einem dramatischen Blick auf den Untersberg. Man sieht auch die Festung Hohensalzburg aus ungewohnter Perspektive. Salzburg wird immer als Kulturstadt gedacht, es ist aber auch eine Naturstadt. Der Kommunalfriedhof wurde im 19. Jahrhundert gebaut, das Krematorium kam 1931 dazu, es ist einerseits das Zentrum, bildet andererseits auch einen modernen Kontrast. Übrigens kann man an den Gräbern auf dem Friedhof erkennen, welche von der Kunstgärtnerei Doll gestaltet werden, die gleich nebenan sitzt. Doll züchtet eigene Blumen und stattet auch den Wiener Opernball aus, und was ich besonders liebe: Gegenüber führt die Gärtnerei ein Café, das natürlich Vis-a-Vis heißt und einen ziemlich guten Conceptstore hat. Wenn man durch den Store hindurchgeht, gelangt man auf eine bezaubernde Terrasse.
Wo gehen Sie im Sommer baden?
NvB: Am liebsten im Wolfgangsee, aber der ist schon eine Stunde weg.
SH: Ich gehe zum Anifer Waldbad, ein echter Waldsee mit Bäumen am Rand. Man liegt auf einer Art Steg an der Längsseite des Sees. Das Wasser ist klar und eiskalt, es herrscht eine besondere Freibadatmosphäre, Junge, Alte, alle sind da.