Albert Oehlen ist einer der wichtigsten Maler unserer Zeit, derzeit sind seine Werke in Hamburg und Berlin zu sehen. Wir sprachen mit ihm über den malerischen Prozess, der „Dreck“ in Schönheit verwandelt
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25.11.2024
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Erschienen in
Weltkunst Nr.234
Das war unmittelbar nach Abschluss des Studiums. Es ging halt darum, das schlechteste Bild der Welt zu malen.
Ich war recht zufrieden. Einmal hatte ich bei einer Gruppenausstellung im Studio von Jörg Immendorff ein paar Bilder aufgehängt, und da hörte ich jemanden hinter mir zu jemandem sagen: Schau dir das an, schlechter kann man nicht malen, das musst du kaufen. (lacht) Das war der Kippenberger, der da versuchte, einen Sammler zu überzeugen.
Ich habe immer Kunst gemacht, aber ich habe mir keine Gedanken über den Status gemacht, den ich damals hatte oder haben würde. Die Zeit, als ich zwanzig war, war eine sehr bewegte Zeit. Durch Immendorff, den ich sehr früh kennengelernt hatte, war ich politisiert, und man war schon in so einer Revolutionsstimmung. Egal wie ernst man das genommen hat, war es doch ein Spiel, das man mitgespielt hat und das einen sehr vereinnahmt hat. So hatte ich tatsächlich keine Träume von einer Künstlerkarriere. Das habe ich verächtlich betrachtet – Kunst lernen, sich hochdienen und Erfolg haben. Darüber hätte man eher Witze gemacht, weil man sich, wie naiv auch immer, als Revolutionär gesehen hat. Die Frage, bin ich jetzt Künstler oder später, oder was bin ich überhaupt? Das habe ich mich nicht gefragt.
Nein, das war eine Konfrontation mit der eigenen Generation. Das war schon die Absetzbewegung von diesem Polittheater oder Trauma. Ich hatte das Glück, dass ich familiär bedingt nicht alles ernst genommen habe. Und ich war sehr jung. Als ich mit Immendorff zu tun hatte, am Anfang, da war ich 16 Jahre.
In Düsseldorf. Ich war ihm sehr nahe. Wir haben viele Nachmittage zusammen verbracht, etwa in politischen Gruppen, haben danach noch ein Bier getrunken. Ich hatte gespürt, dass nicht alles wörtlich zu nehmen ist. Bei anderen Leuten ja, aber bei Jörg hatte ich so meine Zweifel. Das hätte er nicht ausgesprochen, aber mir war das klar, ich habe es nicht so ernst genommen. Doch dieses Politzeug war sehr prägend, und man hatte Mühe, davon loszukommen.
Das ist das Einzige, wo ich in gewissem Maße durch die Sachen, die ich gemacht habe, viel weiß und tief drin bin. Wenn ich etwas anderes gemacht habe, ist das vielleicht eher Ergänzung oder einfach Spaß, aber bei Malerei habe ich so viel Erfahrung und bin so tief eingedrungen, dass sie für mich wesentlich ist.
Phasenweise. Wenn ich mich sehr nach Arbeit fühle, was auch meistens der Fall ist, dann gehe ich tatsächlich frühmorgens ins Studio und komme nachmittags nach Hause. Das ist empfehlenswert, weil ich glaube, dass die Anwesenheit im Studio ein großer Teil der Arbeit ist, dass man sich im Umfeld dieser Arbeiten bewegt, sie vielleicht auch selber vorbereitet, sie immer sieht und sich ihnen aussetzt. Das ist nicht nur angenehm. Ein unfertiges Bild bei mir war meistens kein schöner Anblick, weil ich mir selber eine große Hürde hingestellt habe. Ich wollte eine schwierige Aufgabe. In der Art, wie ich gemalt habe, war das immer eine Verwandlung von Dreck in etwas, was ich dann sehr schön finde. Ich kann das nur subjektiv beurteilen, aber für mich war das immer wie ein kleines Wunder, wenn das kippte in etwas Schönes. Das war das, was ich immer wieder erleben und immer wieder erzeugen wollte.